Hob XXI, 3 Die Jahreszeiten, Zweiter Teil: "Der Sommer". [Neapolitan translation]
Hob XXI, 3 Die Jahreszeiten, Zweiter Teil: "Der Sommer". [Neapolitan translation]
Die Einleitung stellt die Morgendämmerung vor.
1. REZITATIV
LUKAS
In grauem Schleier rückt heran
das sanfte Morgenlicht;
mit lahmen Schritten weicht vor ihm
die träge Nacht zurück.
Zu dustren Höhlen flieht
der Leichenvögel blinde Schar;
ihr dumpfer Klageton
beklemmt das bange Herz nicht mehr.
SIMON
Der Tages Herold meldet sich;
mit scharfem Laute rufet er
zu neuer Tätigkeit
den ausgeruhten Landmann auf.
2. ARIE
SIMON
Der munt're Hirt versammelt nun
die frohen Herden um sich her,
zur fetten Weid' auf grünen Höh'n
treibet er sie langsam fort.
Nach Osten blickend steht er dann,
auf seinem Stabe hingelehnt,
zu seh'n den ersten Sonnenstrahl,
welchem er entgegen harrt.
REZITATIV
HANNE
Die Morgenröte bricht hervor,
wie Rauch verflieget das leichte Gewolk,
der Himmel pranget im hellen Azur,
der Berge Gipfel im feurigen Gold.
3. TERZETT UND CHOR
HANNE
Sie steigt herauf, die Sonne, sie steigt.
HANNA, LUKAS
Sie naht, sie kommt.
HANNE, LUKAS, SIMON
Sie strahlt, sie scheint.
CHOR
Sie scheint in herrlicher Pracht,
in flammender Majestät!
Heil! O Sonne, Heil!
Des Lichts und Lebens Quelle, Heil!
O du des Weltalls Seel und Aug,
der Gottheit schönstes Bild!
Dich grüssen dankbar wir!
HANNE, LUKAS, SIMON
Wer spricht sie aus, die Freuden alle,
die deine Huld in uns erweckt?
Wer zählet sie, die Segen alle,
die deine Mild auf uns ergiesst?
CHOR
Die Freuden! O wer spricht sie aus?
Die Segen! O wer zählet sie?
Wer spricht sie aus? Wer zählet sie, wer?
HANNE
Dir danken wir, was uns ergötzt.
LUKAS
Dir danken wir, was uns belebt.
SIMON
Dir danken wir, was uns erhält.
HANNE, LUKAS, SIMON
Dem Schöpfer aber danken wir,
was deine Kraft vermag.
CHOR (mit Solisten)
Heil! O Sonne Heil!
Des Lichts und Lebens Quelle, Heil!
Die jauchzen alle Stimmen,
dir jauchzet die Natur.
4. REZITATIV
SIMON
Nun regt und bewegt sich alles umher;
ein buntes Gewühle bedecket die Flur.
Dem braunen Schnitter neiget sich
der Saaten wallende Flut,
die Sense blitzt - da sinkt das Korn.
Doch steht es bald und aufgehäuft
in festen Garben wieder da.
5. REZITATIV
LUKAS
Die Mittagsonne brennet jetzt in voller Glut
und giesst durch die entwölkte Luft
ihr mächtiges Feu'r in Strömen herab.
Ob den gesengten Flächen schwebt,
Ini niedern Qualm, ein blendend Meer
von Licht und Widerschein.
6. KAVATINE
LUKAS
Dem Druck erlieget die Natur.
Welke Blumen
dürre Wiesen,
trockne Quellen,
alles zeigt der Hitze Wut,
und kraftlos schmachten Mensch und Tier
am Boden hingestreckt.
7. REZITATIV
HANNE
Willkommen jetzt, o dunkler Hain,
wo der bejahrten Eiche Dach
den kühlenden Schirm gewährt,
und wo der schlanken Espe Laub
mit leisem Gelispel rauscht!
Am weichen Moose rieselt da
in heller Flut der Bach,
und fröhlich summend irrt und wirrt
die bunte Sonnenbrut.
Der Kräuter reinen Balsamduft
verbreitet Zephirs Hauch,
und aus dem nahen Busche tönt
des jungen Schäfers Rohr.
8. ARIE
HANNE
Welche Labung für die Sinne!
Welch' Erholung für das Herz!
Jeden Aderzweig durchströmet,
und in jeder Nerve bebt
erquickendes Gefühl.
Die Seele wachet auf
zum reizenden Genuss,
und neue Kraft erhebt
durch milden Drang die Brust.
9. REZITATIV
SIMON
O seht! Es steiget in der schwülen Luft
am hohen Saume des Gebirgs
von Dampf und Dunst ein fahler Nebel auf.
Empor gedrängt, dehnt er sich aus,
und hüllet bald den Himmelsraum
im schwarzes Dunkel ein.
LUKAS
Hört, wie vom Tal ein dumpf Gebrüll
den wilden Sturm verkünd't!
Seht, wie von Unheil schwer,
die finstre Wolke langsam zieht,
und drohend auf die Ebne sinkt!
HANNE
In banger Ahnung stockt
das Leben der Natur:
Kein Tier, kein Blatt beweget sich,
und Todesstille herrscht umher.
10. CHOR
CHOR
Ach, das Ungewitter naht!
Hilf uns, Himmel!
O wie der Donner rollt!
O wie die Winde toben!
Wo fliehn wir hin?
Flammende Blitze durchwühlen die Luft;
den zackigen Keilen berstet die Wolke,
und Güsse stiirzen herab.
Wo ist Rettung?
Wütend rast der Sturm;
der weite Himmel entbrennt?
Weh uns Armeni
Schmetternd krachen Schlag auf Schlag
die schweren Donner furchterlich.
Weh uns! Weh uns!
Erschüttert wankt die Erde
bis in des Meeres Grund.
11. TERZETT UND CHOR
LUKAS
Die düstren Wolken trennen sich;
gestillet ist der Stürme Wut.
HANNE
Vor ihrem Untergange
blickt noch die Sonn' empor,
und vor dem letzten Strahle glänzt
mit Perlenschmuck geziert die Flur.
SIMON
Zum langgewohnten Stalle kehrt
gesättigt und erfrischt
das fette Rind zurück.
LUKAS
Dem Gatten ruft die Wachtel schon.
HANNE
Im Grase zirpt die Grille froh.
SIMON
Und aus dem Sumpfe quakt der Frosch.
LUKAS, HANNE, SIMON
Die Abendglocke tönt.
Von oben winkt der helle Stern
und ladet uns zur sanften Ruh.
MÄNNER
Mädchen, Bursche, Weiber, kommt!
unser wartet, süsser Schlaf;
wie reines Herz, gesunder Leib
und Tagesarbeit ihn gewährt.
FRAUEN
Wie gehn, wir gehn, wir folgen euch.
CHOR (ALLE)
Die Abendglocke hat getönt.
Von oben winkt der helle Stern, usw.
- Artist:Joseph Haydn
- Album:Live: Palais des Beaux-Arts, Brussels, 3 June 2012.